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Schweitzer, Albert

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Lebenslauf

Geboren: 14. Januar 1875 in Kaysersberg
Gestorben: 4. September 1965 in Lambaréné/Gabun

Albert Schweitzer wuchs in einem liberal geprägten protestantischen Pfarrhaus in einem elsässischen Dorf auf. Ab 1893 studierte er in Straßburg evangelische Theologie und Philosophie und nahm Orgelunterricht in Paris. Als 21-Jähriger legte er vor sich selbst ein Gelöbnis ab, nach seinem 30. Lebensjahr ein „unmittelbares menschliches Dienen“ zu beginnen. Zunächst übernahm er jedoch von 1900–1912 eine Pfarrstelle in Straßburg. Sein Gelöbnis verlor er nicht aus den Augen. So studierte Albert Schweitzer von 1905–1913 Medizin, um im Namen der Pariser Missionsgesellschaft nach Afrika gehen und dort helfen zu können. 1912 gab er seine hoffnungsvolle wissenschaftliche Karriere und sein Predigtamt auf, ging mit seiner Frau 1913 nach Lambaréné und baute dort mit privaten Mitteln ein Tropenkrankenhaus auf, das er als „Vorposten des Reiches Gottes“ verstand. In Lambaréné wirkte Albert Schweitzer 50 Jahre lang – unterbrochen nur durch kurze Vortrags- und Konzertreisen nach Europa und die USA, um Geld für den Unterhalt und den Ausbau des Krankenhauses zu sammeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schweitzer vielfach geehrt und u. a. mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels und dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Hervorzuheben ist auch sein Engagement gegen die weltweite atomare Rüstung seit 1954.
Ende der 1950er Jahre wich die Verehrung einer kritischeren Beurteilung von Schweitzers Wirken in Afrika. Die jüngsten Kritiker beziehen sich vor allem auf Schweitzers Führungsstil, der der eines Kolonialherren gewesen sein soll und voller Ressentiments gegen die schwarze Bevölkerung. Da die Augenzeugenberichte aber erst 2005 veröffentlicht wurden, lassen sich die meisten Vorwürfe nicht mehr nachprüfen.


Bedeutung

Albert Schweitzer ist der Begründer einer „Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben in all seinen Erscheinungsformen“, die er selbst mit großer Konsequenz lebte.


Lehre und Gedanken

In seinem Denken versuchte Albert Schweitzer, im Zeichen der Ethik Theologie und Philosophie zu vereinen. Er beklagte, dass die Philosophie ihre schöpferische Kraft verloren habe, weil ihr die Ethik fehle. Den Ausweg aus der empfundenen Dekadenz und Krise des Zeitalters suchte Schweitzer in der Idee der Ehrfurcht vor dem Leben, die er in seiner 1923 erschienenen „Kulturphilosophie“ zu einer absoluten Ethik entwickelte.

„Ethik ist ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung gegen alles, was lebt.“ (Kulturphilosophie, Band II)

Albert Schweitzers kulturphilosophischer Ausgangspunkt war dabei, dass sich Menschen, die über sich selbst und ihre Grenzen nachdenken, wechselseitig als gleichberechtigt, nämlich als Brüder erkennen. Ehrfurcht vor dem Leben ist also ein dem Menschen innewohnendes Grundprinzip. Ausdruck findet dieser Gedanke in dem berühmten und viel zitierten Ausspruch Schweitzers:

„Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“

An Schweitzers Ethik ist oft kritisiert worden, dass sie mit einem einzigen ethischen Prinzip das gesamte Feld der sittlichen Entscheidungen erfassen wolle. Sie könne so einer gesellschaftlichen Realität, die in der es schlicht unmöglich ist, jegliches Leben zu schützen, nicht gerecht werden. Auch ein solcher Biozentrismus müsste Kriterien angeben können, welches Leben im Konfliktfall vorrangig wäre.
Trotz dieser Einwände ist Albert Schweitzers Ethik einer Ehrfurcht vor dem Leben im Angesicht der ökologischen Krise aktueller denn je.


Hauptwerke von Albert Schweitzer

„Zwischen Wasser und Urwald“ (1921)
Albert Schweitzer: Zwischen Wasser und Urwald: Erlebnisse und Beobachtungen eines Arztes im Urwalde Äquatorialafrikas. Ungekürzte Ausg. München : dtv, 1990.

„Kulturphilosophie“ (1923)
Albert Schweitzer: Kulturphilosophie. Bd. 1: Verfall und Wiederaufbau der Kultur, Bd. 2: Kultur und Ethik. Neuausg. München: Beck 2007.

„Die Lehre der Ehrfurcht vor dem Leben“ (1962)
Albert Schweitzer: Die Lehre der Ehrfurcht vor dem Leben. Im Auftr. des Verf. hrsg. v. Hans Walter Bähr. München: Beck 1966.


Über Albert Schweitzer

Claus Günzler: Albert Schweitzer. Einführung in sein Denken, München: Beck 1996.

Siegwart H. Günther/Gerald Götting: Was heißt Ehrfurcht vor dem Leben? Begegnungen mit Albert Schweitzer. Berlin: Neues Leben 2005.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

Philosophen und Denker
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